Technologie trifft Mensch: Servicerobotik und ihre Akzeptanz im Fokus

© Martin Albermann

Dr. Diana Fischer-Pressler und Tanja Palalic forschen im Bereich Servicerobotik. In ihren Projekten fokussieren sie sich weniger auf die technische Funktionalität, sondern die Akzeptanz von robotischen Technologien. Im Interview geben die Wissenschaftlerinnen Einblicke in ihre Forschungsthemen. 

Roboter werden zunehmend ein fester Bestandteil unseres Alltags: Viele Haushalte nutzen bereits Staubsaugerroboter und mit der industriellen Fertigung verbindet man sofort Roboterarme. Bei dieser Vielfalt habt ihr euren Fokus auf Servicerobotik gelegt. Worin unterscheiden sich Serviceroboter von anderen Robotern?

Tanja: Der Unterschied zwischen einem Serviceroboter und anderen Robotern besteht darin, dass ersterer bestimmte Dienstleistungen für Menschen erbringen kann und in direktem Kontakt mit uns steht. Serviceroboter können verschiedene Tätigkeiten übernehmen, wirken aber hauptsächlich unterstützend. Allerdings ist die Grenze nicht immer klar zu ziehen.

Welche Services können solche Roboter ausführen? Habt ihr ein paar Beispiele?

Diana: Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig, sowohl im privaten als auch im industriellen Bereich. Ein gutes Beispiel wäre tatsächlich ein Staubsaugerroboter, der die Dienstleistung „Saugen“ im Haushalt übernimmt. Auch Chatbots sind Roboter und können in der Industrie eingesetzt werden. Zudem hört man, dass immer mehr Serviceroboter in der Gastronomie genutzt werden. Sie bringen das Essen und räumen Teller ab, während die Bedienung, also der Mensch, Bestellungen aufnimmt und mit Gästen interagiert.

Über den Campus fährt gerade ein KI-gestützter Roboter, Loomi. Warum ist er da und welche Dienstleistungen erledigt er?

Tanja: Der Roboter unterstützt momentan das Facility-Management des Bildungscampus. Er prüft die Zugänglichkeit von Flucht- und Rettungswegen, die Schließung von Türen und Fenstern sowie die planmäßige Schaltung der Beleuchtung. Wenn Loomi Abweichungen feststellt, informiert er das Facility-Personal, das dann den Handlungsbedarf bewerten und die richtige Lösung finden kann.

Diana: Gerade befindet sich Loomi noch in der Testphase, aber die möglichen Einsatzszenarien sind vielfältig. Studierende und Mitarbeitende am Campus haben in unseren Befragungen viele kreative Ideen für neue Einsatzmöglichkeiten geäußert.

© Bildungscampus
Roboter Loomi unterstützt das Facility-Management-Personal auf dem Bildungscampus

Ihr unterstützt die SCS mit der Begleitforschung und untersucht unter anderem die Akzeptanz vom Roboter. Warum ist das wichtig? Warum sollte man sich mit Akzeptanzfragen auseinandersetzen?

Diana: In Deutschland sind solche Roboter noch nicht alltäglich und für viele Menschen ist das Thema Robotik noch neu. Wir müssen verstehen, aus welchen Gründen und unter welchen Faktoren man einen solchen Roboter akzeptiert. Wann ist es für jemanden in Ordnung, dass ein Roboter auf dem Campus Aufgaben übernimmt? Würde man auch mit dem Roboter interagieren? Wir betrachten sowohl Studierende als auch Mitarbeitende und Besucher des Campus, die unterschiedliche Perspektiven einbringen.

Tanja: Wenn man Innovationen ganzheitlich betrachtet – nicht nur aus technologischer Sicht – sollte man die Nutzenden mitnehmen. Es geht darum, die Innovation vorzustellen, den Menschen die Möglichkeit zu geben, sie auszuprobieren und sich ihr anzunähern. Das hat hoffentlich einen positiven Einfluss auf die Akzeptanz. Das ist auch das Ziel unserer Forschung: wir holen Meinungen ein und bieten die Möglichkeit, bei der Gestaltung mitzuwirken. Das ist unser Ansatz in der Smart Campus Initiative.

Was ergibt sich aus den Gesprächen mit Campus-Besucherinnen und Besuchern? Wie ist die Wahrnehmung des Roboters?

Diana: Unsere Erkenntnis ist, dass die Leute dem Roboter Loomi gegenüber sehr offen sind. Viele können sich vorstellen, Loomi zu nutzen, um zum Beispiel nach dem Weg zu fragen oder Schäden zu melden. Die meisten sind positiv überrascht von seinem Aussehen, weil er eher funktional aussieht und nicht menschenähnlich.

Vor dem Loomi habt ihr einen anderen Serviceroboter begleitet – Temi. Wie unterschiedlich sind die beiden Roboter und welche Auswirkungen hatte das auf eure Untersuchungen?

Tanja: Temi war eine Art Campus-Helfer, der Orientierung bot und Fragen beantwortete, was besonders für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen interessant war. Loomi hingegen unterstützt das Facility Management. Dennoch wünschen sich viele Befragte, dass Loomi ebenfalls eine Art Campus-Helfer wird. Hier gibt es also eine Parallele.

Warum bietet sich der Bildungscampus für die Forschung an Servicerobotern an?

Diana: Der Bildungscampus bietet eine Art Reallabor. Es ist ein geschützter Raum, was für erste Einsätze neuer Technologien sinnvoll ist. Das Umfeld passt gut zu unseren Forschungszielen und es gibt eine offene Kultur, die solche Innovationen unterstützt.  Wir können mit Studierenden, Mitarbeitenden, dem Campuspersonal sowie Besucherinnen und Besuchern des Campus sprechen, was vielfältige Perspektiven ermöglicht. Zudem bündelt der Bildungscampus vielfältige Kompetenzen und ermöglicht die Forschung in interdisziplinären Teams. Diese Kombination von Ressourcen und Möglichkeiten macht den Bildungscampus zu einem idealen Ort, um an solchen Projekten zu forschen.

Sind die Ergebnisse auf andere Orte übertragbar?

Tanja: Absolut, es gibt viele Anwendungsfälle für solch einen Serviceroboter. So könnte er beispielsweise in einem Park fahren und das Personal benachrichtigen, wenn Müll irgendwo daneben liegt. Man muss jedoch beachten, dass es sich an einem anderen Ort um eine andere Zielgruppe handelt und andere Menschen damit in Berührung kommen. Zudem gibt es unterschiedliche Datenschutzvorgaben, je nachdem ob der Einsatz auf einem Privatgelände oder in der Öffentlichkeit stattfindet. Weitere Begleitforschung wäre notwendig, um die besten Einsatzmöglichkeiten zu finden.

Was sind eure Tipps für Organisationen, die die Arbeit von Mitarbeitenden mithilfe von Servicerobotik erleichtern möchten?

Diana: Es ist wichtig, nicht nur die Technologie an sich zu betrachten, sondern auch die Mitarbeitenden einzubeziehen und zu informieren. Schulungen sind essenziell, damit die Mitarbeitenden wissen, wie sie mit dem Roboter umgehen können. Man sollte schrittweise vorgehen und zunächst mit einfachen Funktionen beginnen, um Ängste zu nehmen und die Technologie langsam einzuführen. Das Thema Robotik ist emotional, deshalb ist ein behutsames Herantasten wichtig. Man sollte sich aber trotzdem trauen, um Innovationen in seinen Alltag zu integrieren. 

© Martin Albermann
Roboter Temi ist ein anderer Serviceroboter, dessen Einsatz auf dem Bildungscampus wissenschaftlich begleitet wurde.

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Der erste autonome KI-Roboter am Bildungscampus – unter wissenschaftlicher Begleitung des Fraunhofer IAO

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